Häufig gestellte Fragen zum Thema Neigungsmessung

Welche Einflüsse auf das Messergebnis eines Neigungssensors haben Beschleunigungskräfte, z.B. in Fahrzeugen?

Bei der Neigungsmessung wird der Winkel des Erdbeschleunigungsvektors zum Messobjekt in einer vertikalen Ebene gemessen. Wenn nun zur Erdbeschleunigung weitere Beschleunigungen des Messobjektes in anderen Richtungen hinzukommen, z.B. durch horizontale Beschleunigung (Beschleunigen oder Bremsen) oder durch Zentrifugalbeschleunigung (Kurvenfahrt), so wird der resultierende Vektor vom Vektor der Erdbeschleunigung abweichen. Der Neigungssensor (unabhängig vom Typ und Fabrikat) wird dann auf den resultierenden Vektor ansprechen und mit einem "Messfehler" reagieren. Sollte der störende Vektor exakt rechtwinklig zur Messebene liegen oder die Messebene quer geneigt werden, so wird er vom Meßsystem im Idealfall nicht erfasst. SEIKA N.. und NG.. -Sensoren reagieren bei einer Querneigung von 45° mit einem Messfehler von kleiner 1 % des Messwertes. Die NB.. und B.. -Sensoren sind bei exakter Montage querbeschleunigungsunempfindlich.

Wenn die störende Beschleunigung aber einen Vektor in der Messebene hat, und nicht in Richtung Erdbeschleunigung zeigt, so wird dieser immer mit der Erdbeschleunigung einen resultierenden Vektor bilden und zu Messfehlern führen, ganz gleich mit welchem Neigungssensor man misst.

Was gibt es für Auswege?

1. Da es sich bei der Erdbeschleunigung um eine statische Größe (Frequenz Null) handelt und die Störbeschleunigungen oft dynamischer Natur sind (Frequenz größer Null) kann man beide Größen evtl. durch geeignete Tiefpassfilterung trennen. Eine genaue Betrachtung der erwarteten Messdynamik und der Frequenz der Störbeschleunigung ist erforderlich. Je größer der Unterschied zwischen der zu messenden Frequenz und der Störfrequenz ist, desto besser lassen sich beide trennen. Frequenzfilter können allerdings nicht mit beliebig steiler Charakteristik realisiert werden!

2. Unter Umständen muss man zu wesentlich teureren und aufwendigeren Girosystemen, evtl. in Kombination mit Beschleunigungs- bzw. Neigungssensoren, greifen. Diese Systeme bergen allerdings ebenfalls Ihre eigenen Probleme.

3. Messungen zu einem externen fest installierten Bezugssystem in einem begrenzten Bezugsraum sind auch möglich.

Auf jeden Fall ist eine genaue Analyse des Messproblems wichtig.

Wo sollte der Neigungssensor am Messobjekt befestigt werden?

Der günstigste Befestigungsort befindet sich im D r e h p u n k t des Messobjektes!

Oberhalb oder unterhalb des Drehpunktes treten in Abhängigkeit von der Größe der Drehbeschleunigung mehr oder weniger große horizontale Querbeschleunigungen auf, die zu Messfehlern führen (siehe oberen Punkt). Wenn sich das Messobjekt nur langsam bewegt (quasistatisches Messsignal), d.h. die Störbeschleunigung ist gegenüber der Erdbeschleunigung zu vernachlässigen, führt ein Befestigungsort abseits des Drehpunktes zu keinen bzw. nur entsprechend kleinen Fehlern.

Man kann mögliche Messfehler, die durch eine Drehbeschleunigung des Messobjektes entstehen, durch elektrische Zusammenschaltung von zwei Neigungssensoren, die im gleichen Abstand vom Drehpunkt sich gegenüber befinden (einer oberhalb und der andere unterhalb vom Drehpunkt) beseitigen. Der positive Messfehler und der negative Messfehler heben sich bei einer Summenbildung beider Messwerte auf und der Neigungsmesswert verdoppelt sich.

Auch diesbezüglich ist eine genaue Analyse des Messproblems wichtig.

Kann man bei einem Sensor die Auflösung mit der Messgenauigkeit gleichsetzen?

N e i n ! - (auch wenn manche Hersteller mit Angaben werben, wie z.B.: Auflösung unendlich!!! so eine Angabe ist Unsinn!)

Die Auflösung sagt aus, welche Messgrößenänderungen mit einem Sensor erfasst werden können. In den meisten Fällen ist damit die Signaländerung gemeint, die über der Größe von Störsignalen (elektronisches Rauschen) und anderen Fehlereinflüssen (z.B. Hysterese) liegt.

Die Auflösung ist dann von Interesse, wenn es gilt kleine Winkeländerungen zu erfassen (Schwankungen eines Kranes, einer Brücke usw. unter dynamischer Lasteinwirkung bei im Wesentlichen unveränderten Umweltbedingungen wie Temperatur, Betriebsspannung usw.)

Die Messgenauigkeit gibt an, wie viel der gemessene Wert vom tatsächlichen Wert unter bestimmten konkreten Einsatzbedingungen maximal abweicht. Da jedes Messsystem in seiner Genauigkeit von unterschiedlichsten Einflüssen abhängig ist, müssen diese bei einer Abschätzung der Messgenauigkeit bekannt sein und berücksichtigt werden.

Fehlerangaben, aus denen man die Genauigkeit errechnen kann, werden meist als relative Größe in den Datenblättern zu finden sein und es können nicht alle möglichen Einflüsse bei der Qualifizierung berücksichtigt werden. In bestimmten extremen Fällen kann es sogar nötig sein eigene Untersuchungen zur Brauchbarkeit eines Sensors zu machen.

In den überwiegenden Anwendungsfällen wird es ausreichend sein den Einfluss von Temperaturänderungen, dem „Hauptfeind der Messtechnik“ zu berücksichtigen. Es leuchtet ein, dass die Messfehler eines Sensors unter Raumbedingungen kleiner sein werden, als die eines Sensors z.B. an einem Kranausleger im vollen Spektrum des automotiven Temperaturbereiches, an einer Ramme mit extremen Erschütterungen oder in einer kerntechnischen Anlage bei hoher radioaktiver Strahlung.

Kann man in einer horizontalen Ebene mit einem Neigunssensor eine Richtung auf dieser Ebene bestimmen?

N e i n !

Dazu eignet sich ein Kompass aber kein Neigungssensor. Aus diesem Grund gibt es auch keinen dreiachsigen Neigungssensor.

Gibt es fehlerfreie Sensoren?

N e i n !

Trotz ausgeklügelter Elektronik und fortschrittlicher Messsignalverarbeitung, trotz hochwertiger stabiler Sensorprimärwandler und ständig verbesserten technischen Möglichkeiten wird es immer Messfehler geben und Messaufgaben, deren Anforderungen nicht erfüllt werden können bzw. bei denen man die Anforderungen oder die Einsatzbedingungen den gegeben Möglichkeiten anpassen muss.

Aus diesen Gründen ist es immer wichtig eine genaue Analyse der jeweiligen Messaufgabe durchzuführen.

Wie ist das Wirkprinzip der SEIKA-Flüssigkeits-Neigungssensoren?

Die besondere Zusammensetzung der dielektrischen Flüssigkeit garantiert ein optimales Temperaturverhalten, hohe Langzeitstabilität, Hysteresefreiheit der Messwerte, minimale Linearitätsfehler, kurze Ansprechzeiten usw. Die sensorintegrierte Elektronik bewirkt eine hohe elektromagnetische Verträglichkeit.

Welcher Unterschied besteht zwischen einem flüssigkeitsbasierenden Neigungssensor und einem Neigungssensor auf der Basis eines Feder-Masse-Systems?

Bei einem flüssigkeitsbasierenden Neigungssensor wird der Horizont einer Flüssigkeit abgetastet. Das kann optisch, resistiv, magnetisch oder kapazitiv geschehen. Unabhängig davon, wie die Flüssigkeit abgetastet wird haben alle eine wesentliche gemeinsame Eigenschaft: Der Flüssigkeitsspiegel stellt sich bei unterschiedlicher Größe der Erdbeschleunigung und damit der Schwerkraft immer waagerecht ein, unabhängig davon, ob die Schwerkraft groß ist oder klein. D. h., man kann mit so einem Sensor an unterschiedlichen Orten genau messen, unabhängig davon, ob sich die Messstelle am Äquator oder auf dem Nordpol, auf dem Meeresgrund oder auf einem hohen Berg, auf dem Mond oder auf dem Mars befindet.

Bei einem Neigungssensor, der ein Feder-Masse-System zur Messwerterfassung nutzt, das sind z.B. alle mikromechanischen Neigungssensoren, wird die Auslenkung einer an einer Feder oder an einem Federsteg aufgehängten Masse abgetastet. Die Auslenkung der Masse ist zum einen von der Federkonstante der Aufhängung und zum anderen von der Größe der Schwerkraft am Messort anhängig.

Bei unterschiedlich großer Schwerkraft werden unterschiedliche Auslenkungen und damit unterschiedliche Neigungswinkelmesswerte ermittelt. Ein derartiger Sensor muss für genaue Messungen an die Schwerkraft am Messort angepasst und kann nicht universell eingesetzt werden.

Eine Sonderform des Feder-Masse-Systems ist das Pendel. Es handelt sich dabei um ein Feder-Masse-System mit extrem kleiner Federkonstante. Das rückstellkraftfreie Pendel verhält sich ähnlich dem Flüssigkeitsneigungssensor mit dessen Vorteilen, was den Einfluss der Schwerkraft betrifft.

Ein weiterer Vorteil von Flüssigkeitsneigungssensoren besteht im unbegrenzten Messbereich, da kein sinusförmiger Zusammenhang zwischen Neigungswinkel und Ausgangssignal besteht. Die von einigen Herstellern von Feder-Masse-Neigungssensoren praktizierte Methode einer nachträglichen rechnerischen Messwertkorrektur bei großen Messbereichen führt bei großen Messwinkeln zwangsweise zu größeren Messfehlern.

Bei kleinen Neigungswinkeln und bei Kalibrierung und Messung an Orten gleicher Schwerkraft können Feder-Masse-Systeme Vorteilhaft sein. Bei monolytischen Feder-Masse-Systemen (Systeme aus Silizium) gibt es Grenzen bei der Messempfindlichkeit und dem Signal/Rauschabstand.

Welche Unterschiede bestehen zwischen der kapazitiven Abtastung des Primärwandlers bei Sensoren gegenüber resistiven Verfahren zur Messwertgewinnung bei Flüssigkeitsneigungssensoren?

Bei Flüssigkeitsneigungssensoren werden hauptsächlich resistive und kapazitive Verfahren angewendet.

Bei resistiver Abtastung wird die Widerstandsänderung einer leitfähigen Flüssigkeit bei unterschiedlich großer Kontaktfläche, hervorgerufen durch unterschiedliche Neigung, gemessen.

Bei kapazitiver Abtastung wird die sich ändernde Kapazität gemessen, die sich ergibt, wenn eine dielektrische Flüssigkeit den Raum zwischen zwei Kondensatorelektroden in Folge unterschiedliche Neigung mehr oder weniger füllt.

Da die Widerstandsmessung einer Flüssigkeit, bei der resistiven Abtastung, immer mit Grenzschichtproblemen zwischen der Flüssigkeit und den Messelektroden und mit Elektrolyseproblemen durch Stromfluss in der Flüssigkeit verbunden ist, besitzt dieses Verfahren den Nachteil der Alterung und, wegen des über die Temperatur veränderlichen Widerstandes von leitfähigen Flüssigkeiten, den zusätzlichen Nachteil einer relativ großen unstetigen Temperaturdrift.

Bei kapazitiv abgetasteten dielektrischen Flüssigkeiten treten diese Probleme nicht auf, so dass Alterung und eine unstetige Temperaturdrift nicht vorhanden sind. Der Nachteil einer aufwändigeren Elektronik spielt heute keine Rolle mehr, da man in der Lage ist auf einem Siliziumchip alle wichtigen Funktionselemente Der Sensorsignalverarbeitung zu integrieren.

Kann man Messfehler rechentechnisch korrigieren?

Ja ! Aber leider nicht alle.

Prinzipiell kann man alle systematischen Fehler korrigieren, was zum großen Teil auch schon im Sensor realisiert wird. Die Temperaturdrift des Primärwandlers, hervorgerufen durch temperaturbedingte Dielektrizitätskonstantenänderungen der Messflüssigkeit wird in den meisten SEIKA-Neigungssensoren korrigiert. Auch fertigungsbedingte Streuungen des Primärwandlers werden korrigiert.

Nicht korrigieren kann man storastische Fehler, d.h. zufällige Streuungen des Messignals, die z.B. durch das unvermeidliche elektronische Rauschen hervorgerufen werden. Solche Fehler bilden oft die Grenze des Machbaren.

Generell gilt:

Sensoren sind Individualisten, zumeist im harten Außeneinsatz, und jede Messaufgabe ist ein Unikat mit besonderen Bedingungen, das macht die Sensormesstechnik schwierig und interessant!

Weitere Fragen zum Thema Neigungsmessung richten Sie bitte an:

Dr.-Ing. Hans-Hermann Seidel (seidel@seika.de)

 

 

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